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Getaktete Abläufe, kalte Funktionalität

Ich frage mich, ob sich viele von uns nicht so verhalten, als würde ihr Körper gar nicht mehr zu ihnen gehören, als würde die Nahrung nicht zu uns gehören, als würden die Kinder nicht zu uns gehören, als würde die Erde nicht zu uns gehören. Wir haben unser Fühlen aus der Natur und aus uns selbst herausgenommen und folgen wie Roboter programmierten „Kopfkonzepten“. Wir trennen die Verantwortung für uns und die Welt ab, wir trennen unser Mitfühlen ab, tauchen ab in Vorschriften und Regeln, funktionieren in einer systemischen Moral. […]

 

In immer weiteren Kreisen der Arbeitswelt, selbst im sogenannten Gesundheitswesen, haben wir derart getaktete Abläufe geschaffen, dass der Alltag weitgehend von einer „zeitlosen“, systemischen, kalten Funktionalität geprägt wird.
Der Raum des Menschengemässen schrumpft, er wird mehr und mehr eingeschränkt in Organisationsformen, in der die Konzentration von immer mehr Aufgaben auf immer weniger Mitarbeiter zum Alltag wird.


Der Göttinger Neurobiologe Professor Gerald Hüther sprach 2010 in seinem Seminar Moderne Formen der Angstbewältigung von der Selbstfesselung, der Selbstfunktionalisierung, dem Selbstverlust und der Selbstzerstörung, die stetig zunehmen. Er berichtete, dass eine Umfrage der Zeitschrift Nature zufolge etwa ein Drittel der Wissenschaftler Psychostimulanzien einnimmt, um die Leistungsfähigkeit zu steigern und nächtelang durcharbeiten zu können.
Was ist das für ein Bild vom Menschen, das unsere Welt, unser Leben in vielen Bereichen bestimmt? Der Körper ist kein Leihwagen, den man beliebig auswechseln kann!


Was geht in unserer Gesellschaft vor sich? Wie kann es sein, dass sich solche eigentlich lebensfeindliche Mechanismen mehr oder weniger unbemerkt einschleichen? […]

 

Oft taucht der Gedanke auf: „Ein Mensch, der in solchen Systemen überleben will, muss funktionieren!“ – Nein! Es gibt Möglichkeiten, sich trotz dieser Herausforderungen nicht selbst zu verlieren, sich nicht durch das Abspalten und Betäuben der Gefühle in Pseudolösungen zu flüchten. Jeder darf sich sagen: „Ich bin ein Mensch und damit für mich selbst verantwortlich! Ich bin zugleich erschaffen worden und ein sich selbst erschaffendes Wesen. Ich selbst bin Schreiber meiner Biografie.“

 

 

Josef Ulrich: Selbstheilungskräfte. Quellen der Gesundheit und Lebensqualität. aethera, 3. Auflage, 2017

 

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