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Herzschäden

Herzrhythmusstörungen und sonstige Herzkomplikationen sind bei allen neuen Antidepressiva und atypischen Neuroleptika als Risiken bekannt. Diese Substanzen können den Kaliumspiegel im Blut verringern, wodurch die neuromuskuläre Erregbarkeit gesenkt wird und Herzrhythmusstörungen ausgelöst werden. […] Die Rhythmusstörungen sind mit krankhaft erhöhter oder erniedrigter Herztätigkeit verbunden und können erhebliche Konsequenzen nach sich ziehen. […]

 

Ein beschleunigter Herzrhythmus kann als einfaches Herzjagen (Tachykardie) auftreten, als Sinus-Tachykardie mit einer Herzfrequenz von mehr als 100 Schlägen pro Minute oder als Vorhofflimmern. […] Hält das Vorhofflimmern an, steigt das Thromboserisiko. Geht das Vorhofflimmern in eine ventrikuläre (von den Herzkammern ausgelöste) Tachykardie oder gar in Kammerflimmern über, einer Herzstörung mit stark erhöhter Kammerfrequenz (über 320 Schläge pro Minute), kann dies zu Schlaganfall, Herzinfarkt und plötzlichem Tod führen.

 

Frühwarnzeichen für diese Herzschäden sind Extrasystolen (vorzeitige Herzschläge) und sonstige Unregelmässigkeiten des Herzschlags. Kammerflimmern und Herzinfarkte können sich mit neuen oder sich plötzlich verschlechternden Symptomen ankündigen, wie beispielsweise Erschöpfungszuständen, Bewusstseinstrübung, Ohnmacht, Herzklopfen, Engegefühl und Schmerzen in der Brust sowie Luftnot bei Belastung und Verstärkung bei Kältereiz.

 

Möglich ist auch eine verlangsamte Herztätigkeit mit weniger als 60 Herzschlägen pro Minute, gelegentlich einhergehend mit Schwindelzuständen und Synkopen und verbunden mit dem Risiko der QT-Verlängerung. Hierunter versteht man die Verlängerung der Zeitspanne im Elektrokardiogramm von Beginn der Q-(Depolarisation) bis zum Ender der T-Zacke (Repolarisation). […] Begleitsymptome der verlangsamten Herztätigkeit, die man durch Ertasten des eigenen Pulses erkennen kann, sind Kopfschmerzen, Schwindel, Bewusstlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen. In der Folge kann eine Torsade de pointes („Spitzenumkehr-Kammertachykardie“) entstehen, das heisst eine Form des Herzkammerflatterns mit wellenartig verlaufenden und möglicherweise in lebensbedrohliches Kammerflimmern übergehenden Herzkammerausschlägen. Äusserlich kann man eine Torsade de pointes an schnellem und unregelmässigem Herzschlag und Ohnmachtsanfällen erkennen. […]

 

Vorzeichen einer QT-Verlängerung oder auch eines AV-Blocks […] können Ärzte erkennen, wenn sie die Notwendigkeit sehen, die vom Sinusknoten über die Vorhöfe und den AV-Knoten in die Kammern verlaufende Erregung des Herzens im EKG in ihrer zeitlichen Abfolge aufzuzeichnen, und sie diese zu lesen verstehen. Aber selbst identifizierte Störungen bei psychiatrischen Patienten müssen nicht dazu führen, dass die Antidepressiva oder Neuroleptika abgesetzt werden. Ärzte seien sich uneins, ab welchem Grad einer QT-Verlängerung abzusetzen sei. Etienne Delacrétaz von der Klinik und Poliklinik für Kardiologie des Berner Inselspitals schreibt: „Ist die Behandlung wichtig und besteht keine therapeutische Alternative, akzeptieren die meisten Spezialisten/-innen – sofern die Verträglichkeit gut ist und im 24-Stunden-EKG keine Arrhythmien vorliegen – noch einen QTc-Wert von 500 ms.“ (2007, S.818)

 

Mainstream-Psychiater halten ihre Psychopharmaka in der Regel für wichtig, gut verträglich und alternativlos.

 

Aus dem Buch: „Neue Antidepressiva, atypische Neuroleptika“ Risiken, Placebo-Effekte, Niedrigdosierungen und Alternativen, Peter Lehmann, Volkmar Aderhold, Marc Rufer, Josef Zehentbauer, 2017, P.Lehmann Publishing

 

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