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Sinn

„Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht.“
Vaclav Havel

 

 

Wenn ich meine Krankheit nur als einen „Störfall“ betrachte, der unglücklicherweise zufällig passiert ist, aber eigentlich nichts mit mir zu tun hat, wird es mir schwerfallen, einen Sinn darin zu entdecken. Wenn es sich um eine schwere, vielleicht sogar lebensbedrohliche Krankheit handelt, mündet diese Einstellung fast schon zwangsläufig darin, dass ich mit meinem Schicksal hadere. „Warum ich?“ […]


Vielleicht helfen folgende Gedanken nicht nur in dem einen Sinn zu entdecken, was uns offensichtlich im Leben voranbringt, sondern vielleicht auch in dem, was uns – äusserlich betrachtet – zunächst zurückwirft. […]


Viele Betroffene stellen sich die Frage nach der Ursache ihrer Erkrankung. Primär wollen sie die Ursache in der Zeit von dem Moment der Diagnose bis zur Geburt ergründen. Viele suchen vergebens nach einer Antwort.
Ich möchte Sie dazu einladen, den Gedanken zu erlauben, sich die Freiheit im Denken zuzugestehen, dass der Zeitraum für die Ursache viel weiter sein kann und eventuell sogar über den im Rückblick erfassbaren Zeitraum hinausführt. Der Gedanke, dass wir schon individuelle Schicksale mit auf die Erde bringen, kommt mir in der Begegnung mit vielen Patienten.

 

Einige Patienten fühlen dies deutlich in sich, und sie sind von der Sinnhaftigkeit, wie sie Vaclav Havel beschreibt, überzeugt, selbst dann, wenn sie keine konkret greifbare Ursache zur Verfügung haben.


Wenn Sie Zugang zu dem Gedanken der Sinnhaftigkeit und der Weisheit, die in Krankheit und Schicksal liegt, finden können, dann möchte ich Sie einladen, den Gedanken zuzulassen, dass eine Ursache nicht einzig in der Vergangenheit zu finden sein muss, sondern dass eine Ursache auch aus der Zukunft kommen kann. […]


Manchmal können wir sehr deutlich wahrnehmen, wie durch das Krankheitsschicksal eines einzelnen Menschen in ihm und in seiner Umgebung Entwicklungen impulsiert wurden, die anders wahrscheinlich nie ergriffen worden wären.


Die Begleitung eines Menschen, der mit einer schweren Krankheit zu tun hat, kann in seiner Umgebung ebenfalls signifikante Entwicklungsprozesse bewirken. Immer wieder bekomme ich von den Begleitern voller Dankbarkeit zu hören, wie sich ihre Lebensintensität im Sinn von einer Konzentration auf das Wesentliche verändert hat. Beobachten wir diese Veränderungen im sozialen Umfeld, dann könnte sich daraus auch eine ganz andere Form der Ursache abzeichnen, die weit über das Einzelschicksal hinausführt.


Zeigt uns nicht gerade das Leben immer wieder, dass manche Ereignisse oder Schicksalsschläge erst viele Jahre später ihren Sinn offenbaren? Oder möglicherweise erst in einem nächsten Leben? Nehmen wir die Erfahrungen mancher Menschen, die eine Nahtoderfahrung hatten, zur Kenntnis und beziehen diese Erfahrungen mit ein, dann kann sich eine ganz neue Dimension der Sinnhaftigkeit eröffnen.

 

Josef Ulrich: Selbstheilungskräfte. Quellen der Gesundheit und Lebensqualität. aethera, 3. Auflage, 2017

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