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Muskelschäden

Dyskinesien (Muskelstörungen wie Hyperkinesie, Dystonien und Bewegungsstereotype und andere gestörte Bewegungsabläufe) können schon nach kurzer Verabreichungszeit als Zeichen schädlicher neurologischer Wirkungen auftreten – besonders häufig bei Neuroleptika, auch bei atypischen, bei Antidepressiva ebenso. Neben der weiteren Verordnung der auslösenden Substanzen trotz erkennbarer muskulärer Unverträglichkeitszeichen gilt die dauerhafte parallele Unterdrückung der Symptome mittels Antiparkinsonmittel als weiterer Risikofaktor. Die Symptome sind so vorübergehend nicht mehr sichtbar, sie können sich nicht mehr entäussern, jedoch verfestigt sich der zugrundeliegende Schaden im zentralen Nervensystem und kann chronisch werden. […] Ist der Schaden chronisch, sprechen Psychiater von einer tardiven, das heisst „späten“ Dyskinesie. Hersteller informieren, dass Dyskinesien schon vier Wochen nach der Erstverabreichung chronisch werden können. Kausale medizinische Behandlungsmöglichkeiten sind nicht bekannt. Die Schädigung ist immer quälend und oft entstellend. Sie führte in der Vergangenheit gelegentlich zu erfolgreichen Schadenersatzklagen. Tardive Dyskinesien können auch unter neuen Antidepressiva und atypischen Neuroleptika entstehen.

 

Muskelzittern und andere Muskelstörungen sind mögliche Vorboten einer tardiven Dyskinesie. Manche Psychiater nutzen den Zungenruhighaltetest zur Früherkennung, da das feine Zittern der Zunge als Zeichen einer entstehenden tardiven Dyskinesie gilt. […] Treten Muskelstörungen, insbesondere Krämpfe im Zungen-Schlund-Bereich auf (Laryngospasmen), kann dies zur Aspiration (Ansaugung von Blut oder Erbrochenem in die Luftröhre oder in die Bronchien) führen. […] Frederick Zugibe (1980), Herz und Gerichtsmediziner im Rockland County im Bundesstaat New York, erklärte die physiologische Ursache dieser Störung: Normalerweise hebe sich der Gaumen und verschliesse die Luftröhre reflexartig, wenn beim Schluckvorgang ein Speisestück den hinteren Zungenteil berühre; dieser Schluckreflex könne durch Neuroleptika ausser Kraft gesetzt werden. Symptome, die mit Aspiration und Asphyxien einhergehen und als Warnzeichen angesehen werden können, sind allgemeines Schwächegefühl, abnorme Kribbelempfindungen, Beklemmungsgefühle, Schluckstörungen, Gefühl der verstopften Nase, Atemnot, erhöhte Speichelabsonderung, Appetitstörungen mit Übelkeit bis Erbrechen, kolikartige Schmerzen und krampfartige Durchfälle, Muskelschmerzen, Schwindel und schliesslich das Auftreten eines Parkinsonismus mit Muskelzittern und –steifheit, Propulsion (Neigung beim Gehen, immer schneller vorwärtszuschiessen), Salbengesicht und mimische Starre.

 

 

Aus dem Buch: „Neue Antidepressiva, atypische Neuroleptika“ Risiken, Placebo-Effekte, Niedrigdosierungen und Alternativen, Peter Lehmann, Volkmar Aderhold, Marc Rufer, Josef Zehentbauer, 2017, P.Lehmann Publishing

 

Anmerkung B. Zürcher: eine unangenehme Nebenwirkung sind die sogenannten „Blickkrämpfe“ (fachsprachlich: okulogyre Krise) welche ich im Alltag mit Menschen unter Psychopharmaka beobachte.

 

 

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