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Kann die langfristige Behandlung mit Antidepressiva den Verlauf einer Depression verschlechtern?

Einmal in die Mühle der Psychopharmakologie gelangt, ist es für viele Patienten schwierig, aus dieser jemals wieder rauszukommen. Selbst beim Ausbleiben echter Entzugserscheinungen kann das Absetzen von Antidepressiva Probleme machen. Schon seit langem ist bekannt, dass depressive Patienten häufig wieder krank werden, wenn sie aufhören, ihre Medikamente zu nehmen.

 

Vor ein paar Jahren hat sich der italienische Psychiater Giovanni Fava die entscheidende Frage gestellt: „Kann die langfristige Behandlung mit Antidepressiva den Verlauf einer Depression verschlechtern?“

 

[…] Psychiater Fava fasst das Problem wie folgt zusammen: „Antidepressiva mögen bei Depressionen kurzfristig nutzbringend sein, könnten den Verlauf der Krankheit aber durch Verstärkung der biochemischen Vulnerabilität langfristig verschlechtern, […] Die Anwendung von Antidepressiva kann dazu führen, die Krankheit zu einem maligneren und schlechter auf Behandlung ansprechenden Verlauf voranzutreiben.“ Auch in einem Kommentar im Journal of Clinical Psychiatry sprechen drei Ärzte aus, was selten offen diskutiert wird: „Der Langzeitgebrauch von Antidepressiva kann depressogen sein. […] Es ist möglich, dass Antidepressiva die Verdrahtung neuronaler Synapsen verändert, was nicht nur dazu führt, dass Antidepressiva wirkungslos werden, sondern auch ein schwer zu beeinflussender depressiver Zustand hervorgerufen wird.“

 

Ein gewichtiger Verdacht mit beträchtlichen Konsequenzen für die klinische Praxis, würde man meinen. Weshalb ist zur systematischen Klärung dieser Frage bis heute kaum etwas unternommen worden? Vielleicht deshalb, weil niemand an der Klärung des Sachverhalts interessiert ist.

 

[…]Auch Carolyn Dewa vom Center for Addiction and Mental Health in Ontario – eine ausgewiesene Spezialistin für Erwerbsunfähigkeit im Zusammenhang mit psychischen Störungen – wundert sich: „Mit dem ganzen Angebot an verfügbaren Depressionsbehandlungen kann man sich fragen, warum Invalidität im Zusammenhang mit Depression zunimmt.“

 

 

Felix Hasler, Neuromythologie, transcript

 

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